Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die bisherige polnische Regelung zum Vorsteuerabzug bei verspätet erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben von Gegenständen in Polen gegen die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) verstößt.
Im polnischen Recht darf die Vorsteuer aus innergemeinschaftlichen Erwerben im selben Meldezeitraum abgezogen werden, in dem auch die Steuer entstanden ist. Seit 2017 gibt es für die Nachmeldungen jedoch Einschränkungen. Während die geschuldete Steuer im Zeitraum der Steuerentstehung zu erfassen ist, ist dies beim Vorsteuerabzug nur begrenzt möglich. Ein rückwirkender Vorsteuerabzug ist nur innerhalb von drei Monaten ab dem Meldezeitraum der Steuerentstehung zulässig. Nach Fristablauf kann der Vorsteuerabzug nur noch für den aktuellen Meldezeitraum erfolgen. Für den Meldezeitraum der Steuerentstehung ergibt sich ein Nachzahlungsbetrag, der zu verzinsen ist.
Im Urteilsfall beantragte ein polnischer Unternehmer einen Steuervorbescheid (verbindliche Auskunft). Die polnische Finanzverwaltung verneinte einen rückwirkenden Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben. Der Fall landete vor dem EuGH.
Der EuGH stellte klar, dass die bisherige polnische Regelung zum Vorsteuerabzug bei verspätet erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben in Polen nicht mit den Vorgaben der MwStSystRL in Einklang stehe. Das bedeutet, dass der Vorsteuerabzug nach Prüfung des Einzelfalls auch bei verspäteter Erklärung (rückwirkend) im Monat der Entstehung der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb geltend gemacht werden kann. Sofern bei Steuerpflichtigen mit der Nacherklärung von innergemeinschaftlichen Erwerben in Polen Zinsen angefallen sind, kann ein Antrag auf Erstattung der Verzugszinsen bei der polnischen Finanzverwaltung gestellt werden.
Hinweis: Das Urteil betrifft innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen. Möglicherweise könnte es auch auf Eingangsleistungen übertragbar sein, für die der Leistungsempfänger Umsatzsteuer nach dem Reverse-Charge-Verfahren schuldet. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
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(aus: Ausgabe 08/2021)