Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zur Auslegung der Ortsregelung nach der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) entschieden. Danach gilt als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat.
Im Urteilsfall ging es um die Treuhänderin einer gemeinnützigen Stiftung im Vereinigten Königreich, die Zuschüsse für medizinische Forschung gewährte. Sie erzielte Einnahmen aus Kapitalanlagen und übte auch einige untergeordnete Tätigkeiten aus (z.B. Verkauf von Gegenständen). Für diese Tätigkeiten war sie mehrwertsteuerpflichtig registriert. Die Kapitalerträge, die den größten Teil der gewährten Zuschüsse darstellten, stammten überwiegend aus Auslandsinvestitionen. Dafür nahm sie Vermögensverwaltungsdienstleistungen von innerhalb und außerhalb der EU in Anspruch.
Bereits 1996 hatte der EuGH entschieden, dass ein Treuhänder, der im Rahmen der Vermögensverwaltung eines gemeinnützigen Trusts Wertpapiere kaufte und verkaufte, nicht wirtschaftlich tätig war. Daraufhin wurde der Treuhänderin die Vorsteuererstattung für sämtliche Kosten im Zusammenhang mit ihrem Portfolio außerhalb der EU versagt. Seit 2010 meldete sie die Mehrwertsteuer auf die von außerhalb der EU ansässigen Vermögensverwaltern bezogenen Dienstleistungen im sogenannten Reverse-Charge-Verfahren und nahm an, dass der Ort der Leistungserbringung das Vereinigte Königreich sei. Später machte sie geltend, dass keine Steuer auf diese Dienstleistungen entstanden sei, weil sie kein Steuerpflichtiger, der als solcher handle, im Sinne der MwStSystRL sei.
Der EuGH stellte klar, dass die Treuhänderin im Rahmen der Vermögensverwaltung ihres gemeinnützigen Trusts, in dem sie Wertpapiere kaufte und verkaufte, kein Steuerpflichtiger, der als solcher im Sinne der MwStSystRL handelte, war. Aus dieser ergibt sich auch, dass der Gesetzgeber dem Ausdruck „Steuerpflichtiger, der als solcher handelt“ im Sinne der MwStSystRL eine andere Bedeutung beimessen wollte. Danach kann ein Steuerpflichtiger selbst dann als ein solcher handeln, wenn er für Zwecke seiner nichtwirtschaftlichen Tätigkeit handelt. Ein Unternehmer ist jedoch kein Steuerpflichtiger, der als solcher handelt, wenn er nicht nur für Zwecke seiner nichtwirtschaftlichen, sondern ferner auch für die nichtgeschäftliche Tätigkeit (private Zwecke) handelt.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 08/2021)